Zorn und Tränen

22. November 2013

Er stützt mich, führt mich wieder hinaus, zu den anderen, hinein in das Stimmengewirr, in das Klatschen, das aufbrandet, stärker wird, wieder verstummt. Ich bin noch nicht genug anwesend, mich an meiner Nacktheit zu stören, die nun alle sehen können.

Noch ist es nicht zu Ende.

Ein Seil schließt sich um meinen Hals, die Enden streifen meinen Körper entlang. Ich sehe herab; schwarz ist es, das Seil, schwarz auf meiner Haut, die unnatürlich hell wirkt und glänzend. Mehrere Knoten legt Daniel, über meine Brust, meinen Bauch herunter, bis zum Schritt, durch den kurz darauf das Seil läuft, wieder nach oben, zurück zum Beginn. Seine Finger zeigen mir, was ich tun muss – die Arme heben. Nun zieht er die Seilenden nach vorne, durch die Schlingen hindurch, die die Knoten gebildet haben, wieder nach hinten. Erst auf einer Seite, dann auf der anderen; vor, zurück, vor, zurück. Es geht so schnell, ich kann den Bewegungen gar nicht richtig folgen, in meinem Zustand zwischen den Welten. Am Schluss nestelt er in Höhe meiner Taille, fixiert wohl das Seil. Er drückt vorsichtig meine Arme herunter, und erneut sehe ich an mir herab. Ein Spinnennetz aus Schwarz erstreckt sich über meine weiße Haut. Ein Spinnennetz aus kleinen Diamanten. Leicht streiche ich darüber, über sein Geschenk an mich.

Ich sehe die anderen, suche ihn, gerate in beklemmende Panik, weil ich ihn nicht sofort entdecken kann; wo kann er hin sein, in den wenigen Augenblicken, in denen ich nur auf sein Werk geachtet habe und nicht auf ihn?

Doch schon füllt seine hohe, starke Statur wieder mein Gesichtsfeld. Er trägt etwas, tritt hinter mich damit. Seidig, kühl legt sich etwas um meine Schultern. Verstohlen greife ich mit der Hand nach dem Material des schwarzen Umhangs mit dem roten Innenfutter, das sich weich anfühlt und knisternd zugleich.

Daniels Hände legen sich um mein Gesicht, befestigen die Maske. Ich wende mich zu ihm, er schließt das Band des Umhangs am Hals, direkt unterhalb des anderen, metallenen Bandes. Einen Schritt zurücktreten muss ich für die Verbeugung, elegant begleitet vom Schwung des schweren schwarzen Stoffes, der um meine Fesseln spielt.

An seiner Seite wiederhole ich die Bewegung vor Jakob, dem Zeremonienmeister, und vor all den anderen, von denen ich mich nun nicht mehr unterscheide.

***

Meiner förmlichen Aufnahme in den Kreis schließt sich ein Fest an, von dem ich nicht viel mitbekomme. Viele Stimmen schwingen in der Luft, Lachen klingt auf. Es ist heller nun, mit einigen Lampen, aber noch immer flackern die Kerzen. Ich trinke etwas aus dem Kelch, den Mondheim mir in die Hand drückt, kann nicht schmecken, was es ist.

Etwas später wird getanzt, und wir beide eröffnen den Tanz, Mondheim und ich. Die Umhänge schwingen, als wollten sie mittun bei den Schritten. Nach und nach schließen sich uns weitere Paare an.

Wieder Gespräche, bei dem ich nicht mitrede, und überall Wärme. Der Kreis hat sich geöffnet und mich aufgenommen. Jetzt gehöre ich dazu, und ich spüre es in jedem an mich gerichteten Wort, in jeder Geste, in jeder Umarmung.

Mein Schweigen hält an, auch auf dem Rückweg in die Wirklichkeit, und Mondheim durchbricht es nicht.

Wie ein Film ziehen die letzten Wochen noch einmal an mir vorbei.

Es ist soviel geschehen.

In dieser Nacht ist mein Schlaf flach und flüchtig wie in den ersten Nächten, die wir miteinander verbracht habe. Glänzendes Schwarz mit roten Blitzen und Kerzen wirbeln durch meine Träume, und Daniels Gesicht. Daniel, der immer da ist, wenn ich hochschrecke, der mich hält, mir Worte zuflüstert, deren Zärtlichkeit bis in meine letzten Winkel dringt.

Das Aufstehen kommt mir wie eine Fortsetzung der seltsam intensiven Träume vor. Wie kann ich nach gestern einfach zur Arbeit gehen, als sei nichts gewesen?

Ganz einfach; ich kann es, weil das, was war, was mich noch immer aufwühlt, nicht nur ein äußeres Geschehen ist, inzwischen Teil der Vergangenheit, sondern etwas, das auch in mir ist, dort weiterleben wird und wachsen und mich begleiten.

Warum sind Montag Morgende eigentlich immer so hektisch? Man ist noch verwundbar, verletzlich durch die Ereignisse des Wochenendes, ob sie nun ein Wirbel waren oder ein sanftes Ruhen, die doch immer nur einem allein gehören, und schon packt der Strudel der Ansprüche anderer erbarmungslos zu.

Sobald ein wenig Luft ist, greife ich mir den Bondage-Workshop. Ich weiß ja nun, wer für mich überprüfen kann, ob mit der Technik alles korrekt geschildert ist. Wie seltsam, dass man mit manchen Dingen noch nie Berührung hatte und dann innerhalb so kurzer Zeit gleich zweimal. Schon eine halbe Stunde später kriege ich den Text mit ein paar Änderungen und Anmerkungen von Mondheim zurück. Ich lasse sie mir vom Autor genehmigen, und schon ist auch das Teil eingefügt. Ich freue mich immer mehr auf den Tag, an dem unser Portal endlich online gehen wird.

Morgen Abend werde ich das erste Mal allein sein in unserer Wohnung; Mondheim muss nach Holland, sich um ein paar Dinge kümmern. Das ist der erste gemeinsame Abend, den sie erfolgreich verhindert hat. So hatte sie sich das allerdings sicher nicht vorgestellt.

Mondheim sagt nicht viel, aber ich ahne doch, es ist alles längst nicht so einfach, wie er mich das glauben lassen will. Es wird vielleicht seine Stellung insgesamt nicht gefährden, was sie veranstaltet, aber sie könnte es schaffen, dass er angeschlagen ist.

Was übrig bleibt, wird noch immer weit mehr sein, als die meisten jemals hoffen können, überhaupt erreichen zu können; nur ist es trotzdem eine Niederlage für ihn. Und zwar eine, die ich ihm eingetragen habe.

In der Mittagspause, die wir diesmal zusammen verbringen, versuche ich ihn über Details auszuhorchen, doch er reagiert unwirsch, und so gebe ich schnell auf. Helfen kann ich ihm ohnehin nicht.

Eigentlich wollte ich den einsamen Abend nutzbringend verwenden und Babysitter spielen. Nachdem jedoch Katrin und Jürgen keine große Begeisterung für die vorgeschlagenen Entlastung zeigen, bleibe ich lieber zu Hause, und so nehme ich gegen acht Joachims Anruf entgegen. Das gibt mir Gelegenheit, mich noch einmal für sein tolles Geschenk zu bedanken. Es ist eines der Bilder, die mir am besten gefallen haben, und ich verspreche, das kostbare Stück hoch in Ehren zu halten.

Obwohl er mich kaum kennt, bleibt ihm meine gedrückte Stimmung nicht verborgen. Einen Moment lang schwanke ich, ob es ein Verrat an Daniel ist, wenn ich etwas sage, und dann erzähle ich doch alles. Joachim überlegt lange. „Vielleicht hat es Sinn, wenn Katrin einmal mit Silvia redet?“ schlägt er vor. „Die beiden haben sich immer ausnehmend gut verstanden, auch wenn wir uns nicht sehr oft gesehen haben.“ Aha – das erklärt ihre anfängliche Abneigung gegen meine Anwesenheit.

Vielleicht ist das gar keine schlechte Idee, ein solcher Vorstoß. Aber Daniel wird mich umbringen, wenn er erfährt, dass ich so etwas ohne Rücksprache mit ihm in die Wege geleitet oder auch nur angeregt habe. Außerdem fürchte ich, für solche Maßnahmen ist es längst zu spät.

„Meinst du, das bringt etwas?“ zögere ich. „Irgendwie scheint sie mir – zu entschlossen zu sein, um sich durch ein paar freundschaftliche Worte umstimmen zu lassen.“ „Aber ihr muss doch klar sein, dass sie Daniel nicht zurückbekommt, solange sie sich aufführt wie der Eifersuchtsgott persönlich!“ Trotz des Stiches, den sein ungeplanter Hinweis auf eine unter anderen Umständen doch mögliche Versöhnung versetzt, muss ich lachen. „Joachim, hier geht es nicht um Vernunft und kalte Taktik – sie reagiert rein intuitiv.“ „Dann kann ihre Intuition aber nicht sehr gut sein,“ bemerkt er.

Nein, das ist sie wohl nicht. Gewisse Erfolge jedoch wird sie auch so einheimsen können.

Es wird ein furchtbarer Abend, und auch das Telefonat mit Mondheim kurz vor Mitternacht beruhigt mich nicht, sondern rührt an Sehnsucht nach ihm wie an eine offene Wunde.

Angeblich läuft alles gut. Ja, wer’s glaubt. Warum will er mich unbedingt vor den Einzelheiten schützen? Er müsste doch inzwischen wissen, dass ich auch vor den nicht ganz gesetzesreinen Dingen nicht zurückschrecke. Oder sagt er nichts, weniger aus Ritterlichkeit, als vielmehr, weil er davon ausgeht, ich kann ohnehin nichts zu einer Lösung beitragen?

Das Arbeiten am Mittwoch fällt mir ungeheuer schwer. Es ist, als müsse ich mich durch Morast hindurchkämpfen. Noch dazu warnt mich die typische empfindliche Rauheit im Hals vor – wahrscheinlich erwartet mich auch noch eine Sommererkältung.

Ich fühle mich von der ganzen Welt verlassen; und wenn ich noch so genau weiß, irgendwann heute Abend ist Mondheim zurück. Um mich aufzumuntern, kämpfe ich mich in der Mittagspause durch einen Blumenladen. Trotz meines Erschreckens über die Preise schlage ich ordentlich zu. Ich mag kleine braune Kügelchen, die regelmäßiges Gießen überflüssig machen. Ins Haus gebracht wird die ganze Fuhre auch, gegen einen geringen Aufpreis, und einen weiteren für Spätlieferung nach Blumenladenfeierabend. Wenn ich Glück habe, kann ich das freundliche Grün verteilen, bevor der Jaguar einläuft. Der Jaguar im Jaguar.

Mein Hals wird immer schlimmer, und als ich die schweren Töpfe durch die Wohnung schleppe, fühle ich mich bereits, als sei er etwa dreimal so dick wie normal. Noch ein Trinkgeld, muss ja wohl sein, und ab in die Wanne. Wo, verdammt, ist mein Erkältungsbad? Nicht zu finden. Schließlich steige ich in ganz normalen Duft. Mir ist so elend.

Als Mondheim anruft, dass er erst morgen zurück sein wird, kommt das auch schon nicht mehr darauf an.

Am Donnerstag stehe ich irgendwie neben mir, rutsche durch den Tag wie ein durchsichtiger, geplagter Geist, und vergesse beinahe vollständig das nötige Einkaufen, so dass ich um 20 vor acht hastig losstürzen muss. Die Apotheke habe ich wenigstens in der Mittagspause erledigen können.

Abgeschnitten von der Welt, abgeschnitten von Mondheim niste ich mich vor dem Fernseher ein, mit heißer Milch, Halstabletten, einem Riesenschal. Kein besonders aufregender Anblick für Mondheim wird das werden, und das Schlimmste ist, es kümmert mich nicht einmal.

Wie passend, dass er um zehn, gerade als ich mich entschlossen hatte, im Bett zu verschwinden, schlechtester Laune eintrifft. Soviel zum guten Ablauf. Aber die Verhandlungen in Holland sind es gar nicht, die ihn wütend machen. „War es deine Idee, Katrin auf Silvia zu hetzen?“ fragt er böse, noch bevor wir uns richtig begrüßt haben.

Ein wundervolles Wiedersehen, und ich dann noch mit meinem Fieberkopf und den schmerzenden Gliedern – kann es noch schlechter kommen?

Es kann.

„Herzlichen Glückwunsch,“ sagt er, ohne meine Antwort abzuwarten. „Ich hätte es mir kaum vorstellen können, aber es ist tatsächlich möglich, die ganze Scheiße noch höher steigen zu lassen.“

Okay, okay, ich muss meine Gedanken ordnen; also Katrin hat tatsächlich mit Silvia geredet, und das war kein Erfolg. So weit, so schlecht. Nur, was habe ich damit zu tun? Gut, ich habe mit Joachim über die ganze Sache geredet, aber am Schluss waren wir uns doch einig, Silvia besser in Ruhe zu lassen.

Außerdem bin ich krank. Kann er das nicht hören, nicht sehen? Und am nächsten Morgen müssen wir nach Bamberg. Wenn er mich jetzt überhaupt noch mitnimmt, so sauer, wie er ist.

„Anne, ich bin sehr enttäuscht von dir.“

Mit leisem Knirschen reißt mein Geduldsfaden.

„Weißt du, was du mich mal kannst?“ brülle ich los, und wenn es noch so wehtut im Hals. „Ich habe nichts anderes gemacht als mit Joachim zu reden. Ich habe ihm nicht gesagt, er soll Katrin auf Silvia hetzen, also hör auf, mich dafür zu beschimpfen. Du kannst nicht einfach zwei Tage wegbleiben und mich dann behandeln wie ein kleines Kind, das man abstrafen muss. Und außerdem bin ich krank, und für morgen gepackt habe ich auch noch nicht. Wobei mir die Lust auf Bamberg gründlich vergangen ist. Und jetzt will ich nichts mehr hören von dieser hinterlistigen, grässlichen, aufgetakelten Ziege, der du viel zu viel Macht über dich gegeben hast. Warum wunderst du dich, dass sie die jetzt ausspielt? Selbst wenn – was kann denn schon passieren? Es geht doch letztlich nur um Geld, oder etwa nicht? Geld, nichts als Geld. Dir als Person kann sie nichts tun, und sie kann dich auch nicht zwingen, ihr etwas von dir selbst zu geben, was du ihr nicht geben willst. Sie kann dir nur bei deinen Geschäften dazwischenfunken. Na und? Willst du lieber dein tolles Imperium behalten und dafür tagaus, tagein in diesem grässlichen, kalten Kasten leben, unter ihrer Aufsicht, am Frühstückstisch zusammensitzen mit ihr und ihrem Liebhaber und dich von ihr an der Nase herumführen lassen?“

Ich habe mich in einen gewaltigen Zorn hineingeredet. Eine hartnäckige Stimme heißt mich stille sein, denn ich mache genau das, was ich mir selbst verboten habe. Ich werfe Mondheim vor zu sein, wie er nun einmal ist. Ich verlange von ihm, Dinge zu ignorieren, für unwichtig zu halten, die sein Leben ausmachen. Und ich beleidige seine Frau, ich gifte über die Armseligkeit der Umstände, in denen er die letzten Jahre gelebt hat. Eines ist unverzeihlicher als das andere.

Er geht auf mich zu, aber ich weiche zurück. „Anne!“ „Nein, lass mich,“ sage ich. „Ich habe genug. Ich gehe jetzt ins Bett.“

Nachdem ich das einmal gesagt habe, muss ich es auch tun. Erschöpft, aber schlaflos wälze ich mich im Bett umher, lausche auf Mondheims Schritte in der Wohnung, auf das Klappen des Kühlschranks, gefolgt von Flaschenklirren.

Warum kommt er nicht? Warum merkt er nicht, wie sehr ich ihn brauche? Nicht die kampfbereite Wut von vorhin, sondern die sanfte Sorge, die ich umso schmerzlicher vermisse, je mehr mein Kopf schmerzt, meine Nase sich verschließt und mein Hals mich quält.

Ich muss die Augen schließen, und ich muss versuchen zu schlafen. Vielleicht tut es der alte Trick – von 100 rückwärts zählen; auf französisch. Cent, quatre-vingt dix neuf, quatre-vingt dix huit …

***

Schon bevor ich bei 80 angekommen bin, hält es mich nicht mehr im Bett. Mir ist schwindelig, aber das ist mir egal. Ich stolpere, gehe, laufe, ahne ihn im Arbeitszimmer, und es gibt nur einen Gedanken: Ich will zu ihm.

Noch bevor ich die Tür öffne, liegen Tränen wie Schleier über meinen Augen, ich kann nicht richtig sehen.

„Daniel, entschuldige, bitte entschuldige!“ Ich kann meine eigenen Worte kaum verstehen, so rau ist meine Stimme durch die Erkältung und das drohende Schluchzen. Meine Kehle ist schwer und brennt wie Feuer.

Was kümmert es mich, ob er recht hatte, ob ich recht hatte, ob wir beide Fehler gemacht haben, ob alles nur unglückliche Verkettungen waren – ich will nur, dass es aufhört; sofort.

Mondheim steht auf, sieht mich an. Er ist vielleicht nicht mehr böse, aber er ist verletzt.

Wie einfach wäre es jetzt, auf die Knie zu fallen, meine Schwäche zu offenbaren, an seine Richterlichkeit zu appellieren. Wahrscheinlich würde es ihn sogleich beenden, unseren ersten richtigen Streit.

Aber ich will nicht den Blitzkanal aus der Kälte heraus; ich will, dass sie wirklich wegtaut, dass alles sich aufwärmt, bis tief unten durch, und nicht nur an der Oberfläche der Konventionen. Dafür muss ich den ganzen Weg gehen.

„Es tut mir Leid, Daniel. Ich habe es nicht gemeint, nichts von dem, was ich gesagt habe. Ich bin erschrocken, weil du so sauer warst, und da habe ich blind zurückgeschlagen. Dorthin, wo ich vermutet habe, treffen zu können. Es tut mir Leid.“

„Du hast nicht gemeint, was du sagtest?“ fragt er langsam. „Ad 1 – du bist nicht erkältet?“ „Doch,“ räume ich ein. „Aber das ist auch keine Entschuldigung.“

„Ad 2 – du bist nicht bereit,“ forscht er weiter, und seine Augen lassen mich die ganze Zeit über nicht los, „auch dann bei mir zu bleiben, wenn mein Imperium, wie du es so freundlich bezeichnet hast, vielleicht im Laufe dieser Scheidungsauseinandersetzung zusammenbricht?“

„Natürlich bin ich das,“ rufe ich entsetzt. „Meine Güte – als ob mich das interessiert, ob du Geld und Einfluss hast oder nicht! Ja, ich gebe zu, es ist toll, Geld zu haben, alles so einfach regeln zu können, was sonst soviel Mühe kostet. Aber das ist mir doch egal, ob wir diesen Luxus behalten können oder nicht! Wir können in eine kleinere Wohnung ziehen, die billiger ist, wir brauchen vielleicht nicht zwei Autos, ich kann mir andere Arbeit suchen, vielleicht finden wir sogar etwas gemeinsam, oder wir machen uns mit irgendetwas selbständig, dann bleiben wir auf jeden Fall zusammen. Das geht alles irgendwie. Hauptsache, wir haben uns!“

Noch immer halten seine Augen mich gefangen. „Und ad 3 – meine demnächst hoffentlich Ex-Frau ist keine – lass mich überlegen, dass ich dich exakt zitiere, keine hinterlistige, grässliche, aufgetakelte Ziege?“

Ich will etwas sagen, aber endlich bemerke ich, dass seine Augen lachen, und dann sein Mund, und ich kann nicht anders, ich stimme mit ein. Wir stürzen uns aufeinander, und es ist nicht mehr zu unterscheiden, was ich spüre, seine Hände auf meiner Haut, meine auf seiner, seine Lippen, meine, von wem die Liebesworte stammen, die geflüstert werden; es ist alles eins.

Nur eine Empfindung sticht klar hervor aus allen anderen – der durchdringende Schmerz seiner Zähne auf meiner Schulter, an meinen Armen und, sanfter, auf meinen Brüsten.

Ich schwanke, und er bringt mich zum Sofa, kniet sich vor mich. Er kniet, mein Gebieter kniet vor mir, und es geht mir durch und durch, als er mich ebenfalls um Entschuldigung bittet, aber die Situation ist mir unangenehm, und schnell ziehe ich ihn hoch, zu mir auf das Sofa. „Die Verhandlungen liefen gut, aber es war ein hartes Stück Arbeit. Es war so furchtbar, so lange ohne dich zu sein, und dann die anstrengende Fahrt, und mittendrin das Handy. Eine lange Tirade von Katrin, sie hätte alles versucht zu vermitteln. Ich hätte hochgehen können wie eine Rakete. Jeder Versöhnungsversuch aus meinem Lager bestätigt Silvia doch nur darin, dass sie mich in der Hand hat, und sie legt noch einen Zahn zu. Ich kenne sie schließlich lange genug. Danach hat mich noch die Petersen genervt und gefragt, ob es stimmt, dass ich mich aus allen Geschäften zurückziehe. Das ist wohl das aktuelle Gerücht, das Silvia in die Welt gesetzt hat. Ich erzähle dir das alles nicht, um mein eigenes Verhalten zu rechtfertigen. Es gibt keine Rechtfertigung. Ich habe einfach die Wut über andere an dir ausgelassen – weil du da warst und mir nahe genug, mich so gehen lassen zu können.“

Er nimmt meine Hände, schmiegt seine Wange hinein. „Vergibst du mir?“ „Da ist nichts zu vergeben,“ murmele ich und verberge mein Gesicht in der weichen Wölbung zwischen seinem Hals und seiner Schulter.

Überraschend wird sein Griff fester, härter. „Das nächste Mal machen wir es anders. Erstens werde ich dich mitnehmen. Du kannst auch von unterwegs aus arbeiten, und deine Gespräche können wir umleiten. Ich will das nicht, so lange ohne dich sein. Zweitens werden wir beide etwas ehrlicher sein und uns nicht gegenseitig am Telefon vorlügen, es sei alles in Ordnung, wenn es nicht so ist. Und drittens bitte ich dich jetzt um die Erlaubnis, meine Wut in Zukunft auf eine etwas andere Weise abreagieren zu dürfen.“

Ich weiß, auf welche Schmerzhaftigkeit ich mich mit meiner Zustimmung einlasse, aber ich brauche keine Bedenkzeit. Nichts kann so weh tun wie die kalte Wand eines Streites zwischen uns.

***


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