Sklave am seidenen Faden

12. September 2008

Winfried war natürlich schon da, als ich im Café eintraf; auch wenn ich keineswegs zu spät war.

Ich sagte ja bereits, ich schätze Umgangsformen; und bloß weil ich nun einmal eine Domina bin, heißt das noch lange nicht, dass ich mich nicht an gewisse Regeln im Umgang miteinander halten sollte.

In der Erotik mag ich das sagen haben, und darauf bestehe ich auch, und zwar massiv – aber was den sonstigen Umgang miteinander betrifft, zwischen mir und einem Mann, gilt das ja nun nicht.

Selbst wenn er bereits mein fester Sklave sein sollte ist er das nicht 24 Stunden am Tag, 7 Tage die Woche.

Es gibt viele Anhänger der 24/7-SM Beziehungen.

Die wenigsten dieser Sklaven wissen, worauf sie sich da einlassen würden, wenn ihnen nicht einmal ein einziger Atemzug am Tag selbst gehört, wenn alles von ihrer Domina bestimmt wird.

Okay, wir sind realistisch – 24/7 bedeutet, wenn man es genau betrachtet, im Normalfall allenfalls einmal 8/7; oder sogar weniger.

Auch Sklaven schlafen, Sklaven gehen arbeiten, und so weiter.

Wer behauptet, dass er wirklich eine 24/7 SM Beziehung lebt – der ist im Zweifel ein verlogener Angeber oder jemand, dem sein Realitätssinn vollständig abhanden gekommen ist.

Es gibt sicherlich einige wenige Fälle, in denen Domina und Sklave wirklich beinahe nur das sind.

Auch sie nur beinahe – aber dann ist es etwas, das mit erotischen Rollenspielen nichts mehr zu tun hat. Es ist ebenso beinahe echte Sklaverei.

Wer das will – bitte schön. Aber nicht mit mir.

Das wäre ja auch viel zu anstrengend, wenn ich mich ständig um einen Sklaven kümmern und ihm die ganze Zeit alles befehlen müsste …

Aber zurück zu Winfried, der bereits im Café saß, als ich pünktlich dort eintrat.

Erfreulich, dass der junge Winfried immerhin darauf achtete, seine möglicherweise zukünftige Herrin nicht warten zu lassen.

Wie Winfried aussah, wusste ich bereits von einem Bild, das er mir oder vielmehr meinem Lieblingssklaven als demjenigen geschickt hatte, der die Vorauswahl für mich übernehmen durfte.

Allerdings kann es vom Bild zur Realität manchmal ein ganz schöner Schock sein; das habe ich schon mehrfach erlebt.

Ich weiß nicht, was manche Sklaven sich vorstellen, wenn sie ihrer potenziellen Domina ein total geschöntes Bild von sich schicken. Oder womöglich sogar ihre Auswahl unter den vielen SM Erotik Fotos im Netz treffen, das heiße Pic downloaden und ihr das als angebliches Foto von sich verehren.

Oh doch – das ist mir alles schon untergekommen, und zwar sogar mehrfach. Das ist keine Erfindung.

Spätestens beim ersten Treffen fliegt ja doch alles auf, und dann hat ein solcher Sklave ganz sicher verloren.

Winfried hatte diesen Fehler nicht begangen; er war auf Anhieb wiederzuerkennen, und wenn überhaupt, dann sah er in der Realität besser aus als auf dem Pic. Und da wirkte er schon nicht schlecht.

Ich trat an seinen Tisch.

Er sprang sofort auf, verbeugte sich vor mir und stotterte dabei etwas, das wohl eine Begrüßung sein sollte.

Der junge Mann schien äußerst schüchtern zu sein.

„Setz dich“, sagte ich, ohne auf sein Gestammel einzugehen, und nahm sofort meinerseits Platz.

Er setzte sich und starrte dann so konzentriert auf die Tischdecke, als ob es dort etwas Besonderes zu sehen gäbe.

War er denn gar nicht neugierig auf mich? Wollte er mich nicht wenigstens verstohlen ein wenig betrachten?

„Sieh mich an!“ befahl ich ihm scharf.

Ich finde, Augen sagen viel über einen Menschen aus. Und auch wenn es zwar richtig ist, dass ein eventueller Sklave seine eventuelle Herrin vielleicht nicht ganz offen unverschämt anstarren sollte und oft sogar die Anweisung erhält, den Blick zu senken – manche Dominas treiben es so weit, dass ihre Sklaven immer zu Boden blicken müssen und sie nur anschauen dürfen, wenn sie die ausdrückliche Erlaubnis dazu haben -, so wollte ich doch schon wissen, mit wem ich es zu tun habe.

Und das sieht man eben mit am besten an den Augen eines Menschen. Wobei ich damit nicht ihre Farbe meine …

Winfried sah mich gehorsam an, blickte jedoch sofort wieder weg. Sein Blick irrte über den Tisch auf den Boden.

Das gefiel mir nicht.

Auch ein Sklave sollte Selbstbewusstsein besitzen. Denn seiner Herrin genau dieses Selbstbewusstsein freiwillig zu Füßen zu legen, nachdem er es vorher bewiesen hat, ist für eine Domina ein echtes Geschenk.

Ein Waschlappen, der sich von Natur aus als Sklave fühlt, der sich für unwert und unwürdig und ein Nichts hält, ohne Bedeutung und Wert, der kann seiner Herrin dieses Geschenk nicht machen.

Manche Sklaven sehen es positiv, eine solche automatische Duckmäuserei, und nennen das naturdevot.

Also ich weiß nicht; dieser Ausdruck erinnert mich irgendwie immer an Natursekt … Und beim Natursekt ist es ja so, das ist eigentlich etwas ganz anderes als Sekt. Ob man Pissspiele nun mag oder nicht – das steht jedenfalls fest.

Und irgendwie beschleicht mich oft der Verdacht, beim „naturdevoten“ Mann ist es vielleicht ähnlich.

Womöglich steckt da auch etwas ganz anderes drin, in einem naturdevoten Mann, als eine devote Veranlagung …

Winfried hatte sich soeben die ersten Minuspunkte eingehandelt.

So gut er auch aussah – er durfte sich keine großen Hoffnungen mehr machen. Denn nur ein schöner Körper allein genügt keiner Domina; ein Sklave muss schon auch in seinem Verhalten ihren Vorstellungen entsprechen. Sicher nicht für alle Dominas, aber für mich ist letzteres sogar noch wichtiger.

Hässlich darf ein Sklave sein; aber nicht unhöflich, nicht unehrerbietig, aber auch nicht kriecherisch.

SM spielt sich vorwiegend im Kopf ab, so wichtig die physischen Techniken auch sind. Das sollte man nie vergessen.

Nun gut, eine Chance würde ich Winfried noch geben.

„Du hast etwas für mich?“, fragte ich ihn und streckte bei diesen Worten fordernd die Hand aus.

Er nickte – ein gesprochenes „ja, Herrin“ wäre übrigens die korrekte Antwort gewesen, also gab das weitere Minuspunkte -, fummelte dann kurz unter dem Tischtuch herum, brachte seine Hand wieder hervor und legte etwas in meine, was auf den ersten Blick kaum zu erkennen war.

Es war ein Nylon Faden.

Ich nahm ihn, zog einmal prüfend daran; nur ganz leicht. Dennoch verzog er das Gesicht; weitere Minuspunkte.

Ein wenig Selbstbeherrschung sollte jeder Sklave besitzen; und dieser geringe Zug konnte unmöglich weh getan haben.

Anschließend nahm ich den Faden; ich behielt ihn zwar weiter in der Hand, aber unter dem Tisch.

Wieder ein gequältes Gesichtverziehen, denn dadurch übte ich automatisch wieder einen gewissen Zug aus.

Viel auszuhalten schien dieser Junge nicht; auch wenn er, ich hatte seine Mails ja gelesen, ganz schön mit seiner bisherigen BDSM Erfahrung trotz seines sehr jungen Alters angegeben hatte.

Oder er war einfach Spiele in der Öffentlichkeit nicht gewohnt.

Trotzdem – ein Sklave muss immer damit rechnen, mit etwas neuem konfrontiert zu werden. Darüber sollte er weder seine Manieren, noch seine Disziplin vergessen; so wie das bei Winfried der Fall war.

Zu diesem Zeitpunkt stand für mich eigentlich schon fest, er wird es nicht, er wird nicht mein neuer Sklave.

Aber nun hatte er es in Zusammenarbeit mit meinem Lieblingssklaven, der von ihm ja ganz begeistert war, soweit gebracht, dass ich extra seinetwegen aus dem Haus gegangen war und nun in diesem Café saß, statt gemütlich in meiner Wohnung auf dem Sofa, vielleicht massiert von Sklave Nummer 1 oder 2.

Dafür musste er schon bezahlen.

Ich wollte wenigstens noch meinen Spaß mit ihm haben, bevor ich ihm meine Ablehnung mitteilte.

Ihr findet das sadistisch?

Aber jaaa …

Und für diese Frechheit müsst ihr auf den Bericht über meinen Spaß bis zum nächsten Mal warten.

Au revoir!


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2 Reaktionen zum Thema “Sklave am seidenen Faden”

  1. stille schrieb am 8. Februar 2009 um 11:22 Uhr :

    Sehr geehrte Lady,

    gestatten Sie mir ein Wort zum Thema „Bild schönen“.
    Bei einem Erstkontakt ist der erste Eindruck von entscheidender Bedeutung und Bilder sprechen halt eine zweideutige Sprache. Warum sollte sich ein Mensch Möglichkeiten verbauen und nicht ein bisschen nach helfen, um zu einem ersten Treffen eingeladen zu werden? Sicher, der Betrug wird manchmal aufgedeckt, aber nicht
    immer, denn viele Menschen sehen „life“ besser aus.
    Außerdem, mit Verlaub, die Frauenwelt hilft der Natur ja auch mit
    ein bisschen Schminke nach.

    Verehrte Lady, ich lese Ihren Blog schon seit ein paar Tagen und bin hellauf begeistert. Einiges wird „sub“ klarer!
    Danke, und bitte noch viele neue Einträge!

    Verehrende Grüße

    stille

  2. Herrin schrieb am 13. Februar 2009 um 12:29 Uhr :

    Lieber Stille,
    ganz herzlichen Dank für den netten Kommentar!
    Nun, natürlich sind auch kleine Mogeleien erlaubt. Das Problem ist eben nur, angesichts einer Vielzahl an Zuschriften können sie ebenso dazu führen, dass man „durchfällt“ wie die Wahrheit.
    Das Leben ist ungerecht 😉
    Viele Grüße!

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